Die Gemeinde Oberkrämer hat in ihrer letzten Sitzung beschlossen , einem freikirchlichen Träger die Eröffnung einer kleinen christlichen Kita zu genehmigen und diese zu finanzieren. 20 Kitaplätzchen, die ein kleines, leider nur optisches Pflaster in der nicht zukunftsfähigen Kita-Statistik der Gemeinde Oberkrämer darstellen. Denn der freikirchliche Träger muss diese Plätze nicht an Kinder aus der Gemeinde Oberkrämer vergeben, sondern kann und wird im eigenen Interesse Kinder der freikirchlichen Gemeinde bevorzugen. Er wird Familien auswählen, die das besondere christliche Konzept bewußt wählen und tragen. Kremmen, Germendorf, Oranienburg,….werden also von den zusätzlichen Kitaplätzen gleichermaßen profitieren, denn Eltern haben das Recht der freien Kitaplatzwahl. Und die Gemeinde Oberkrämer hat dem Träger in der Belegung der Plätze wie der Auswahl des Personals und der Gestaltung des Konzepts freie Hand eingeräumt. An Plätzen ist für Oberkrämer somit kaum etwas gewonnen- dafür an zusätzlichen Kosten. Gelder, die eigentlich dringend in die gemeindeeigene Kitastruktur investiert werden sollten. Denn von der unbefriedigenden Kitaqualität in den Oberkrämer Kitas kann dieser Winkelzug einiger Gemeinderatsmitglieder nur unzureichend und höchstens kurzfristig ablenken.
Die vom Ministerium verfassten und für alle Brandenburger Kitas verbindlichen „Grundsätze elementarer Bildung“ beschreiben eine Kitawelt, in der die Entwicklung jedes einzelnen Kindes individuell begleitet und unterstützt werden kann. Die kindliche Neugierde und der Lernwille treffen auf engagierte und kreative Erzieher*innen, die gemeinsam mit den Kindern das Leben erforschen. Diese Welt ist gemäß des Grundgesetzes offen für alle Menschen, nicht einseitig idiologisch geprägt, vielfältig und frei von dogmatischen und intoleranten Weltanschauungen. Denn Kinder sollen sich selbst ein Bild machen dürfen.
Dazu stehen großzügige und sinnvoll eingerichtete Räume und Flächen zur Verfügung. Die Chancengleichheit aller Kinder wird sichergestellt, früh werden eventuelle Defizite erkannt und mit hoher fachlicher Kompetenz bearbeitet. Die Erzieher haben die Zeit und Ruhe, Kinder zu beobachten und das Gesehene zu dokumentieren. In Teamsitzungen können sie sich kollegial austauschen und gehen regelmäßig zu Fortbildungen. Gute Elternarbeit im Sinne einer Erziehungspartnerschaft ist ein wichtiges Standbein der Kita. Die Leitung der Einrichtung hat genügend Stunden zur Verfügung, um sich neben dem Gruppendienst um alle anfallenden Leitungsaufgaben sorgfältig zu kümmern. Soweit die gute Idee.
Die Kitas in Oberkrämer sind voll bis zum Anschlag. Schon jetzt müssen Sondergenehmigungen für mehr Kinder pro qm beantragt werden. Gesetzlich vorgeschrieben sind 3,5 qm pro Kind im Innenraum und maximal 18 Kinder pro Raum sowie ein Haupt- und ein Nebenraum pro Gruppe. Wer in die Oberkrämer Kitas schaut, weiß dass das vielerorts ein Traum wäre, von dem die Realität weit entfernt ist. Die Räume sind klein, rappelvoll und werden häufig erst zum Spielen, dann zum Essen und anschließend zum Schlafen genutzt. Alle Kinder einer Gruppe müssen schlafen, denn Ausweichräume gibt es nicht. Spezialräume zum Experimentieren, Kochen, Musizieren,…? Fehlanzeige. Über 20 Kinder in einem Raum: keine Seltenheit. Und das Außengelände? Phantasielose Spiellandschaften aus dem Katalog, staubige Flächen und Erzieher*innen, die mit rigiden Verboten dafür sorgen müssen, dass sich niemand auf dem engen Raum verletzt.
Ähnlich bitter sieht es für das Personal selbst aus. Der gesetzlich vorgeschriebene Personalschlüssel von 1:6 im Krippenbereich und 1:12 in der Altersgruppe 3-6 mag formal sichergestellt sein, der Kiatalltag sieht anders aus. Ein/e Kollege*in ist dauerhaft krank, eine/r zur Kur, eine/r hat Urlaub oder Fortbildung. Und schon müssen Gruppen zusammengelegt werden, Überstunden fallen an und die Qualität der pädagogischen Arbeit fällt hinten runter. Unter diesen Bedingungen kann selbst die/die engagierteste Pädago*in nur frustriert mit den Schultern zucken, sich eine Trillerpfeife kaufen und hoffen, dass nichts passiert. Dass die Bezahlung für diese überaus verantwortliche und anstrengende Arbeit alles andere als angemessen ist, kommt noch erschwerend hinzu. Wertschätzung sieht anders aus!
Dieser von der Gemeinde durch Fehlplanung und Fehlinvestitionen in den vergangenen Jahren verursachte Zustand muss nun dringend behoben werden. Die Gemeinde wächst und in den kommenden Jahren werden noch mehr Familien mit Kindern ihr Recht auf einen wohnortnahen Kitaplatz einfordern.
„Kein Geld“ ist an dieser Stelle eine absolut unzulässige Argumentation, denn es steht nicht irgend etwas auf dem Spiel. Das Wohl der Kinder und ihrer Familien und die Zufrieden der Angestellten muss oberste Priorität für die Gemeinde haben.
Und nicht nur Geld, sondern Kreativität und Offenheit sind nun gefragt: Wo gibt es bereits vorhandene Gebäude, die neu genutzt werden könnten? Welche spannenden Konzepte gibt es, um zum Beispiel den Krämer-Forst als Waldkita-Ort zu nutzen? Wie muss der Personalschlüssel wirklich gestaltet sein, damit gutes Arbeiten möglich ist? Was kann die Gemeinde noch für ihre Leiter*innen und Mitarbeiter*innen tun, um seiner Fürsorgepflicht als Arbeitgeber auch wirklich gerecht zu werden? Wo sind Synergien zwischen den Einrichtungen möglich? Gibt es generationsübergreifende Konzepte, die z.B. Senior*innen und Kitakinder zum beiderseitigen Vorteil zusammen bringen könnten? Wo kann man Töpfe anzapfen, an die man bislang nicht gedacht hat? Wie sieht es mit gesundem Essen aus? usw.
Zur Entwicklung von tragfähigen und zukunftsträchtigen Konzepten müssen alle Akteure ins Boot geholt werden. Eltern, Pädagog*innen, Gemeindevertreter und nicht zuletzt die Kinder! Denn auch sie haben ein Mitspracherecht! Und mit Sicherheit sieht ihre Traumkita ganz anders aus, als die kahlen Rasenflächen, auf denen sie sich derzeit die Füße platt treten.
Fest steht: die Genehmigung und Finanzierung einer kleinen, freien Kita ist nicht im Ansatz geeignet, das Kita-Problem der Gemeinde Oberkrämer zu lösen!!
Ob Kinder in einer durch eine streng- religiöse Gemeinschaft getragene und gestaltete Bildungseinrichtung die Chance haben, ihr Recht auf die freie Entwicklung ihrer Persönlichkeit und eine eigene Weltanschauung zu erhalten, scheint mir ebenfalls mehr als zweifelhaft!